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Historisch oder nur alt?
Liebe Klavierliebhaberinnen und -liebhaber,
wenn man bei eBay oder in anderen Internet-Plattformen nach Klavieren sucht, dann findet man immer wieder recht alte Instrumente, die eigentlich kaum mehr dem modernen Standard entsprechen.
Wenn wir ein 30 Jahre altes Auto kaufen, können wir es als Oldtimer anmelden, wenn wir ein Handy sehen, das älter als 8 Jahre ist, gehört es fast schon in eine andere Zeitrechnung.
Das Gute: Bei Klavieren verändern sich die Dinge nicht allzu schnell. Und dennoch: Es verändern sich beständig im Innern der Instrumente Dinge, die wir nicht gleich wahrnehmen.
Das können Materialien sei oder aber auch viele Kleinigkeiten in der Mechanik, die wir erst bei genauerer Prüfung im Anspielen wahrnehmen können. Das bedeutet nicht, dass Instrumente, die älter als 20 Jahre sind, nicht mehr spielbar sind, ganz im Gegenteil, sind sie oftmals sogar besser oder haltbarer als neue Instrumente.
Doch wie unterscheidet man, ob man einfach nur ein altes Instrument oder ein vielleicht schon historisch interessantes angeboten bekommt?
Nun, zum einen hängt dies sicherlich vom Hersteller ab, denn ein Premium-Hersteller hat auch schon vor 50 Jahren seine Instrumente nach den besten Maßstäben gefertigt. Doch bei Instrumenten aus den preisgünstigsten, oftmals asiatischen Ländern, oder aus der ehemaligen UdSSR sind mit weitaus weniger Sorgfalt gebaut worden, da sie nicht auf lange Haltbarkeit, sondern auf das reine Funktionieren zum Zeitpunkt der Erstellung konzipiert waren.
Oftmals werden aber auch Flügel angeboten, die älter als 80 oder sogar 90 Jahre sind. Wie beurteile ich da, ob es sich um ein interessantes Instrument handelt, oder aber nur um ein „altes“
Unabhängig von dem Zustand, muss man sich klarmachen, dass solch alten Instrumente in der Regel vollkommen anders spielen lassen. Zudem waren die Normen für die Bauweisen noch lange nicht internationalisiert. Allein die DIN, als die Deutsche Industrie Norm, war 1948 erst bei 8200 Normen angekommen (2012 waren es bereits über 33.000 Normen). Da kann es schon einmal sein, dass ein Instrument nicht die Tastenbreite aufweist, wie man es gewohnt ist. Oftmals sind es nur Zehntelmillimeter, aber es macht einen Unterschied.
Natürlich gibt es gerade aus den Zeiten von 1880 bis ca. 1920 wunderbare Instrumente, aber die lassen sich halt anders spielen. Oftmals sind andere Mechanikarten verbaut als wir es heute gewohnt sind, mag man bei fehlerhaften Teilen kaum mehr von Reparaturen, sondern eher von aufwendigen Restaurationen reden.
Historisch wertvoll sind in der Regel nur Instrumente von namhaften Herstellern. Heute findet man auch von recht unbekannten Namen eines Herstellers fast alles im Internet, wenn dieser Hersteller eine Weile existierte und gute Instrumente baute. Wenn man nichts findet, sollte man lieber die Finger von alten Instrumenten lassen, denn auch früher gab es schon Fantasienamen von Firmen, die nicht auf Qualität achteten. Ohnehin sollte man sich genauer informieren, denn nur da man einen Namen eines Herstellers findet, bedeutet dies nicht, dass das Instrument auch von diesem gebaut wurde, denn auch vor vielen Jahren wurden Namen alter, historisch interessanter Firmen von Massenherstellern aufgekauft …
Grundsätzlich gilt: Wenn Sie ein altes Instrument kaufen – auch wenn es in gutem Zustand ist – sollten Sie sich vom Fachmann beraten lassen und sich nicht allein auf Ihr eigenes Ohr oder Gespür verlassen. Denn ansonsten könnte es sein, dass Sie zu viel bezahlen, oder dass Sie nicht lange Spaß an solch einem Instrument haben werden. Und das Weiterverkaufen wird dann oftmals zu einem Problem.
Carsten Dürer
- Chefredakteur PIANONews -