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Instrumente aus China
Liebe Klavierliebhaberinnen und -liebhaber,
man hört es in den Medien alle Zeit: Es gibt Handelskonflikte zwischen den Großmächten China und den USA, ebenso wie zwischen China und Europa. Das betrifft viele Güter.
Aber beim Klavier ist das Thema längst ausgestanden hat man den Eindruck. Wieso?
Nun, die großen chinesischen Klavierbaufirmen, die den Wunsch haben, sich beständig zu verbessern, haben mittlerweile Hersteller in Europa, vor allem im Traditionsland für den Klavierbau, in Deutschland, erworben.
Grotrian in Braunschweig gehört dem privaten Klavierbauunternehmen Parsons Music Limited, Schimmel gehört der Pearl River Piano Group. Die Instrumente der Marke Feurich aus Wien werden von der Firma Hailun Piano Company gebaut.
Was das für den Kunden bedeutet?
Die Instrumente der Traditionsfirmen Grotrian und Schimmel leben weiter, mit dem Bau in den Braunschweiger Traditionsfirmen. Dabei geht natürlich auch ein Know-How-Transfer einher. So verbessern sich die Instrumente, die die chinesischen Unternehmen für den europäischen Markt bauen, beständig, schneller als dies mit den japanischen Instrumenten in den 1950er und 1960er Jahren geschah oder mit den koreanischen in den 1960er und 1970er Jahren. Und das vor dem Hintergrund der noch extrem jungen und kurzen Geschichte dieser Unternehmen …
Das Bemerkenswerte ist: Die Instrumente aus China haben in der öffentlichen Wahrnehmung oftmals noch immer ein schlechtes Image. Das ist bemerkenswert, wenn man einmal schaut, wie viele Produkte wir im täglichen Leben wir aus dem größten Land Asiens benutzen: Fast alle elektronischen Produkte werden zumindest in China hergestellt, gleichgültig, welcher Name auf dem Fernseher, Smartphone oder einem anderen Produkt prangt. Es scheint niemanden zu interessieren. Nur beim Klavier scheiden sich die Geister. Warum ist das so?
Nun, sicherlich gehört zum Bau eines Klaviers eine große Handwerkskunst, die für andere Produkte nicht gilt. Aber das kann man lernen, oder nicht? Zugegebenermaßen: es dauert, bis man die Spitzenkräfte im Klavierbau auf diesen Stand gebracht hat. Aber dafür sind die Preise natürlich auch entsprechend niedriger als für ein deutsches oder aus einem anderen europäischen Land stammendes Klavier. Und für diese Preise sind die Instrumente mittlerweile auf einem immens hohen Standard angekommen.
Stellen wir uns vor: Sie wollen ein Klavier kaufen, um Spaß am Klavierspiel zu haben, nicht um professionell mit Musik Geld zu verdienen. Sie wollen sich nur den Traum vom eigenen Instrument erfüllen, sind nicht bereit oder nicht in der Lage, viel Geld dafür auszugeben. Sie wollen aber schon ein neues Instrument haben.
Warum sollten Sie dann nicht ein Instrument wählen, was aus China stammt, dessen innere Materialien aber oftmals in Europa, ja oft sogar in Deutschland hergestellt wurden?
Wenn dieses Instrument Ihre Bedürfnisse erfüllt, ebenso fünf Jahre Garantie hat, wie Instrumente aus deutscher Fertigung, Ihnen in all seinen klanglichen wie spieltechnischen Bedingungen zusagt:
Dann entscheiden Sie sich für ein solches Instrument. Natürlich ist es vielleicht so, dass dieses Instrument keines ist, das man leicht vererben kann nach über 40 Jahren Gebrauch (allerdings weiß das momentan noch niemand wirklich). Auch kann es sein, dass bestimmte Dinge am Instrument nach einer gewissen Zeit der Beanspruchung überarbeitet werden müssen.
Aber dafür haben Sie auch nicht das drei- bis vierfache beim Kau auf den Tisch gelegt. Instrumente aus China stehen momentan an der Schwelle zu sehr guten Instrumenten, werden sich auch in den nächsten Jahren noch weiterentwickeln. Dass dann auch die Preise steigen werden, versteht sich von selbst, denn letztendlich bleibt ein Kriterium bei allen Herstellern, die mit Holzprodukten arbeiten gleich: Wer ein hervorragendes Instrument bauen will, der muss dem Holz Zeit zum natürlich Altern und Trocknen geben, muss die besten Materialien einsetzen. In diesem Moment wird auch der Bau solcher Instrumente aufwendiger und teurer.
Aber um sich den Wunsch, Klavier zu spielen, erfüllen zu können, sollte man nicht auf das Herstellungsland schauen – auch nicht beim Klavier.
Carsten Dürer
- Chefredakteur PIANONews -